Regionales und saisonales Essen ist für Andrea Lepenik der Grundstein für eine ausgewogene Ernährung. Mit ihrer Initiative „Kuchl G’schichten“ will sie den Menschen beim Gemeinsamen Kochen zeigen, wie einfach es ist, köstliche Gerichte selbst zuzubereiten.
„Die Idee ist mir gekommen, weil ich so viele Leute gesehen habe, die Fertigprodukte kaufen.“ Seit Anfang 2016 veranstaltet Andrea Lepenik deshalb in der Eggenberger Villa VITAMUS die „Kuchl G’schichten“. Beim Gemeinsamen Kochen möchte sie insbesondere jenen Leuten das Zubereiten von Gerichten beibringen, die nie die Möglichkeit dazu bekommen haben, kochen zu lernen. „Man muss den Leuten zeigen, wie leicht und einfach man Sachen selber machen kann und das Ganze aber auf regionaler Basis“, ist die gebürtige Grazerin überzeugt.
Die Villa VITAMUS, wenige Gehminuten von der mit der Straßenbahnlinie 7 erreichbaren Haltestelle Handelstraße entfernt, ist ein vielfach genutztes Veranstaltungshaus und beinhaltet auch eine geräumige Haushaltsküche – ein wichtiger Faktor für Andrea: „Einen Herd und einen Kühlschrank hat fast ein jeder zu Hause, andere Sponpanadln brauchen wir nicht. Es hilft ja nichts, wenn ich die Gerichte hier in einer High-Tech-Küche zeige und die Leute können es dann daheim nicht nachmachen.“
Herzlich Willkommen
Einmal in der Villa angekommen, wird man nicht nur von Andrea Lepenik, sondern auch von einem Glaserl Prosecco, herzlichst in Empfang genommen. Dieses Glaserl – und auch weitere, die an einem lustigen Abend eventuell folgen könnten – ist bereits im Preis von € 20,- pro Einheit inkludiert. „Das Gemeinsame Kochen kann ein unglaublich lustiges Erlebnis sein, wie ein Spiel, wenn man es richtigmacht, ohne Stress und vielleicht ein Glaserl Bier oder Prosecco dazu“, findet die Eggenbergerin. Je nachdem, wie viele Teilnehmer sich in der Villa einfinden, kommt noch ein variabler Materialkostenpreis hinzu. Abgerechnet wird aber erst zum Schluss, davor wird gekocht – oder wie an jenem Abend, an dem ich bei Andrea Lepenik zu Gast war, gebacken.
Acht TeilnehmerInnen haben sich an diesem verregneten Novemberabend in der Küche der Villa VITAMUS eingefunden. Das voradventliche Thema: Weihnachtskekse backen. Andrea, die durch ihre Großmutter und ihre Uroma das Kochen gelernt hat und sich ihr Wissen seit damals stetig selbst weiter aufgebaut hat, arbeitet hauptberuflich in ihrer familiengeführten Werbeagentur CDC – eine gastronomische Ausbildung hat sie keine. „Deshalb mache ich Spezialsachen wie Kekse, Strudel oder Kräuter mit den entsprechenden Spezialisten.“
SpezialistInnen fürs Spezielle
Spezialistin fürs Süße ist Alexandra Weiss. Alexa, wie sie gerne genannt wird, hat vor zwei Jahren die Ausbildung zur Konditormeisterin abgeschlossen und begleitet mit ihrem fachmännischen Wissen die sieben wissbegierigen Damen und mich durch den schon zu Beginn himmlisch duftenden Abend. „Dabei bin ich gar keine Süße“, lacht die selbstständige Pâtissière, „hin und wieder nasche ich aber schon gerne – und außerdem muss ich ja überall kosten.“ Früher war die junge Grazerin beim Adventzauber auf den Reininghausgründen sehr aktiv, dort hat Andrea Lepenik sie auch kennengelernt. Wie ihr dann die Idee mit den Keksen gekommen ist, hat sie sofort an Alexa gedacht und sie in die Villa VITAMUS geholt.
Aus dem großen Repertoire der Weihnachtsbäckerei hat Alexa für die „Kuchl G’schichten“ vier Spezialitäten herausgepickt: Klassische Rumkugeln, Neros mit Nougatfüllung, Florentiner und Kürbiskernkipferl. Jeder macht sich alsbald an die Arbeit und schon werden die Schokolade zerlassen, Teigreste zerbröselt und andere erste Schritte erledigt. Alle sind topmotiviert bei der Sache, die Stimmung könnte besser nicht sein. „Mir gefällt es, dass Andrea hier keine ausgefallenen Sachen macht, sondern normale Gerichte, die leicht zu machen sind“, meint Waltraud, die seit Anfang an bei fast jeder Einheit mit dabei ist.
Kochen verbindet
Waltraud kennt Andrea schon von früher. „Es haben sich beim Gemeinsamen Kochen aber schon ganz viele neue Freundschaften entwickelt. Außerdem ist es sehr cool, dass hauptsächlich Leute kommen, die kochen können“, erzählt Andrea. Das eigentliche Ziel, Kochanfängern einfache Gerichte beizubringen, geht dabei etwas unter. Andrea macht das nichts, ganz im Gegenteil: „Immerhin lerne ich ja auch von den Leuten, die schon kochen können.“ Hauptsächlich – wie auch an diesem Abend – nehmen das Angebot Frauen wahr, Essen ist aber wahrlich für jedermann. Neuzugänge kommen größtenteils über Andreas Facebookseite dazu, oft nehmen regelmäßige TeilnehmerInnen auch FreundInnen oder Verwandte mit. Über steiermark.gemeinsam.jetzt ist laut Andrea noch niemand auf die „Kuchl G’schichten“ gekommen, „aber vielleicht ändert sich das jetzt ja“, ist die Hobbyköchin guter Hoffnung.
Heimisch bringt’s
Mittlerweile befinden sich bereits die ersten Kekse im Backrohr und Andrea, die selbst bereits Oma ist, schenkt eine dritte Runde „Begrüßungsprosecco“ ein. Kritik übt die gut gelaunte Steirerin am Konsumverhalten der ÖsterreicherInnen: „Ich finde es einen Wahnsinn, wenn ich zu Weihnachten im Supermarkt Erdbeeren kaufe, die mir sowieso nicht schmecken und von irgendwoher kommen oder wenn ich ein Rindfleisch aus Brasilien kaufe, obwohl wir hier die tollsten Bauern haben.“ Eines ihrer wesentlichen Ziele ist, die Menschen dazu zu bewegen, öfters auf den Bauernmarkt zu gehen und zu schauen, was es dort alles gibt. „Viele glauben, dort ist alles teurer, aber das ist ein Irrtum.“
Bei einer Person hat sie dieses Ziel bereits erreicht – bei ihrem Enkerl. „Bei ihm ist es mittlerweile so weit, der sagt zu mir: `Nimm mir bitte eine Karotte mit, aber eine, die ganz, ganz komisch ausschaut!´ Bei ihm darf das nicht mehr die genormte Karotte sein und das finde ich cool, denn die wächst nun einmal so in der Erde. Ich kann doch eine Karotte nicht wegschmeißen, weil sie komisch ausschaut.“ Mit Kindern will die Annenviertlerin auch mit ihrer Initiative in Zukunft mehr zu tun haben: „Ich tüftle gerade an einem Kinderkochkurs.“ Bisher hatte sie mit Kindern nur positive Erfahrungen: „Die sind so begeistert, aber ich muss erst abklären, wie das versicherungstechnisch ausschaut. Man passt zwar auf die Kinder auf, aber man kann nicht überall seine Augen und Hände haben – und in einer Küche gibt es halt Messer und heiße Stellen.“
„Ich finde es einfach wichtig, saisonal zu essen.“
Heiß sind auch die fertig gebackenen Kekse aus dem Rohr. Nachdem diese abgekühlt sind, zeigt Alexa, wie man die Kekse am schönsten verziert und gibt in Sachen Technik den einen oder anderen Profitipp. Dann werden die fertigen Süßwaren zum Mitnehmen eingepackt und die Arbeitsflächen saubergemacht. Zum Schluss hat Andrea noch einen guten Rat für eine gesunde und ausgewogene Ernährung: „Ich finde es einfach wichtig, saisonal zu essen. Ich bin zwar ein Fleischmensch, aber bei mir wird immer ein Salat oder ein saisonales Gemüse dabei sein und damit auch ein regionales. Im September fange ich an, Guster auf Kraut und Kohl zu bekommen, da würde ich jetzt nicht unbedingt einen Griechischen Salat haben wollen. Das ist wirklich so einprogrammiert bei mir.“
Und auch ihre Freundin Waltraud hakt ein: „Es ist auch für den körperlichen Rhythmus wichtig, dass du das isst, was die Saison hergibt. In den Zeiten des Überflusses haben wir ja leider alles überall zu jederzeit und da muss man ein bisschen umdenken, dass das nicht notwendig ist.“ Wie man regionales und saisonales Kochen am besten umsetzt, lernt man bei Andrea Lepenik in der Villa VITAMUS. Bei Interesse kann man sich ganz simpel per Mail, Telefon oder via Facebook für eine ihrer „Kuchl G’schichten“ anmelden. Und wer denkt, dass er nicht kochen kann, wird bei Andrea Lepenik eines Besseren belehrt. Für mich und meine Kekse war es kurz nach 21 Uhr Zeit, nach Hause zu fahren. Wer von uns die Heimreise nicht ganz unbeschadet überstanden hat, brauche ich wohl nicht zu erklären.