Ein Stammtisch für Menschen verschiedenster Herkunft

„Die Welt spricht“ ist ein Projekt, welches Nicht-Deutschsprechenden ermöglicht Deutsch zu lernen und zu verbessern. Bei den wöchentlichen Treffen wird im Zuge von Gesprächen und Diskussionen die deutsche Sprache geübt. Für Muttersprachler bietet sich die Möglichkeit neue Kulturen und Menschen kennenzulernen.

Es ist Donnerstagabend, 19:30 Uhr. Die Dreihackengasse ist dunkel, fast keine Menschen sind zu sehen. Nur das Licht, das aus den Fenstern der Kulturwerkstatt strahlt, erhellt die Gasse. Bilder einer Weltkugel mit Hut, die an den Außenwänden kleben, weisen einem den Weg zum Eingang. Ein junger Mann öffnet die Tür zum hell beleuchteten Raum. Tische und Sessel sind schon bereitgestellt und letzte Vorbereitungen werden getroffen – Vorbereitungen für das wöchentliche Treffen von „Die Welt spricht“. Immer mehr Leute finden sich in dem mit Musikinstrumenten und Kunstwerken dekorierten Raum ein. Gespräche und Gelächter sind zu hören. Eine angenehme, familiäre Atmosphäre breitet sich aus.

Ein typischer Donnerstagabend

Das Sprachentreffen beginnt mit einer Vorstellrunde. Alle Teilnehmer erzählen etwas über sich, um einander besser kennenzulernen. Für die meisten Anwesenden ist es jedoch nicht notwendig, da sich viele schon von vergangenen Treffen kennen. Doch auch als Neuling fühlt man sich sofort gut aufgenommen und kommt direkt mit anderen Mitgliedern ins Gespräch. Der Sprachenabend ist dafür gedacht, im Zuge eines Gesprächs das eigene Deutsch zu verbessern. Die lockere und familiäre Atmosphäre macht es einfacher die Sprachbarriere zwischeneinander zu überwinden. Bei einem Gläschen Wein und leckeren Snacks wird über Gott und die Welt gesprochen, Erfahrungen ausgetauscht und auch Diskussionen über ernste Themen geführt. Die Teilnehmer bezeichnen das Treffen auch eher als Stammtisch – ein Ort an dem Leute verschiedener Herkunft und Muttersprachen zusammenkommen und sich, mit dem Ziel Deutsch zu lernen, treffen. Ausländern und Graz-Neulingen bietet das Projekt auch die Möglichkeit sich gesellschaftlich zu integrieren, neue Leute kennenzulernen und Freundschaften zu schließen. „Wir sind einzigartig“, erzählt eine regelmäßige Besucherin des Sprachentreffens. Anders als bei anderen Sprachenvereinen und -organisationen, können die Teilnehmer von „Die Welt spricht“ frei entscheiden und mitbestimmen wie ihre Treffen aussehen sollen. „Es wird niemandem vorgeschrieben was zu tun ist.“ Der Betreiber Xaver liefert zwar Ideen zur Gestaltung der Treffen, doch entschieden wird schlussendlich alles demokratisch mit allen Mitgliedern.

Wie alles begann

Im Dezember 2015 entschied sich Xaver, der Begründer des Projekts, einen Platz für Nicht-Deutschsprechende zu schaffen, an dem man seine Sprachkenntnisse verbessern kann. Xaver ist selber kein Muttersprachler, er kommt ursprünglich aus Spanien und ist seit sechs Jahren hier in Österreich. Durch das Tandem-Angebot der Universität Graz kam er auf die Idee, ein eigenes Projekt zu starten. Dieses soll im Vergleich zu Tandem, jeder Person nicht nur einen Native Speaker zum Erlernen der Sprache zur Verfügung stellen, sondern eine ganze Gruppe auf die Beine stellen, die sich untereinander weiterhilft und unterstützt. Vorerst erreichte er mit seinem Anliegen viele Leute auf Facebook, indem er eine Sprachengruppe erstellte. 4000 wissbegierige und spracheninteressierte Leute fanden sich und Xaver beschloss auf diese große Nachfrage hin, eine Non-Profit-Organisation zu gründen, die auf Kooperation und Nachhaltigkeit setzt. Mitmachen können sowohl Native Speaker als auch Deutschneulinge. Über das erste Treffen, das im Spektral stattfand, sagte er: „Ich konnte nicht einschätzen wie viele Leute kommen würden, ich hatte Angst, dass plötzlich 200 Personen dort stehen würden, bei Veranstaltung, die über Facebook laufen, weiß man ja nie.“ Schlussendlich fanden sich 18 Spracheninteressierte beim Treffen ein, was die darauffolgenden Wochen immer gleich blieb. „Manchmal waren es 10 und manchmal 30. Jedoch waren jedes Mal schon bekannte Gesichter dabei.“

Die ehemaligen „World Language Fridays“

Bis zum August 2017 fanden die Treffen noch unter dem Namen „World Language Fridays“ statt. Doch nicht nur der Name änderte sich, auch das Konzept war ein anderes. Damals wurde nicht ausschließlich nur Deutsch gesprochen. Zu Beginn der Treffen wurde in eine Liste eingetragen welche Sprachen die Teilnehmer sprechen und welche sie erlernen möchten. Leute mit denselben Muttersprachen wurden in ein Team eingeteilt. In der ersten Hälfte des Sprachenabends wurde die eigene Sprache jemand anderem gelehrt und in der zweiten Hälfte wurde einem etwas Neues von einem Anderssprachigen beigebracht. So konnte man sein eigenes Wissen verbreiten und im Gegenzug Einblicke in andere Sprachen bekommen. Fast zwei Jahre bot Xaver diese Art der „Word Language Fridays“ an. Da die Anfrage nach der deutschen Sprache jedoch die größte war, entschied er sich, sein Projekt umzustellen und an die Mehrheit anzupassen. Aus den „Word Language Fridays“ wurde somit „Die Welt spricht“. Zu Beginn wurden die Treffen noch im Cultra Machhalla abgehalten. Im Jänner kam jedoch wieder frischer Wind in die Organisation und der Sprachenstammtisch wurde in die Kulturwerkstatt in die Dreihackengasse verlegt.

Pläne für die Zukunft

Im neuen Lokal startet „Die Welt spricht“ heuer richtig durch. Neben dem wöchentlichen Treffen am Donnerstag plant Xaver zusätzliche Freizeitaktivitäten und Veranstaltungen einzuführen. Gemeinsame Wanderungen, Kaffeehausbesuche und Spieleabende sind für die Zukunft geplant. Mittels eines Fragebogens konnten die Teilnehmer ihre Interessen bekannt geben, Vorschläge bringen und ihre Wünsche äußern. Die Mehrheit entscheidet, was in Zukunft stattfinden wird. Was schon feststeht sind individuelle Themenabende. Jedes Treffen soll unter einem anderen Thema stehen, wie zum Beispiel Politik oder Geschichte. Gerade diese freie Entscheidung über die Aktivitäten, macht diesen Verein so einzigartig und zugänglich für die Grazer. Ein Ort an dem man sein Wissen erweitern und Deutsch lernen kann. Ein Ort der Menschen verschiedenster Herkunft zusammenbringt. Ein Ort an dem man neue Leute kennenlernen und auch Freundschaften schließen kann.