Ein Verein zwischen Bürokratielosigkeit und Ordnung

Branko Schön ist vor bald fünf Jahren zum ersten Mal mit dem Verein Gmota in Kontakt gekommen und seitdem geblieben. Er selbst nennt sich ein „Uralt-Mitglied“. Der Verein wurde 2012 gegründet. Ich hatte die Möglichkeit ein Gespräch mit ihm zu führen.

 

Wandelgeschichten: Wer seid ihr und was macht ihr?

Branko Schön: Wer sind wir? Wir sind ein ein Verein in einer seit seiner Geburt andauernden Sinnfindungsphase. Dem Wortlaut nach das Forum zur vielfältigen Förderung von künstlerischem Austausch, Kultur, Kommunikation und praktischem Wissen .

 

Ich wurde gefragt ob ich mithelfen möchte und dann war ich immer öfter hier.

 

Wie ist es zur Gründung des Vereins gekommen? Bist du ein Gründungsmitglied?

Ich bin zwar ein Uralt-Mitglied, aber kein Gründungsmitglied. Die Gründungsmitglieder waren eine kleinere bis mittelgroße Gruppe. Je nachdem, wen ich frage, schwankt die Zahl zwischen fünf und 35 Personen, die gemeinsam einen Raum mieten wollten, um darin verrückte Sachen anzustellen. Das war einfach eine kleine geschlossene Gruppe, sie haben sich dieses Projekt auch zu hundert Prozent selbst finanziert. Sie ließen alle paar Wochen eine Liste durchgehen, auf die jeder dazu geschrieben hat, wie viel Geld gerade fürs Gmota übrig ist.

Ich wurde dann am 22. März 2013 am frühen Nachmittag gefragt, ob ich mithelfen möchte bei einem „chaotischen linkslinken Projekt in der Münzgrabenstraße“, wie es mein Gesprächspartner am Telefon nannte, und eine Stunde später war ich da und hab geholfen, eine Bühne aufzubauen — und dann war ich immer öfter hier.

Foto: Selina Trummer

Erzähl mir ein bisschen was über die Räumlichkeiten und die Finanzierung des Gmota.

Zuerst ist die Idee entstanden, ein nichtkommerzielles Café zu eröffnen. Dieses Projekt war anfangs grundsätzlich unabhängig vom eigentlichen Gmota, hatte seine eigenen Finanzen und Organisation. Das Café war sehr erfolgreich und konnte dadurch eine Zeit lang die restlichen Räume querfinanzieren. Von 2015 bis Ende 2017 war es mehr oder weniger nicht mehr existent, weil die Bereitschaft zu Diensten nicht vorhanden war. Es haben sich allerdings Menschen gefunden, die das Café wiederbeleben möchten. Seit Dezember 2017 ist das Café wieder jeden Sonntag geöffnet, das wird allerdings Woche für Woche einzeln verlautbart. Der Raum des Cafés wird darüber hinaus in gleicher Weise genutzt wie diese Räume, in denen wir dieses Interview führen. Also das Büro und der Open Space. Das Konzept dieser Räume ist einfach: Veranstaltende können hier grundsätzlich ihr Wissen weitergeben oder auch ihr Wissen für sich behalten und die Gesellschaft zu ändern versuchen. Im Hintergrund steht eine Spendenkiste und sie müssen sich daran erinnern, dass für den Raum Miete zu zahlen ist.

Das Gmota selbst ist grundsätzlich durch Mitglieder finanziert. Ausnahmen sind Projektförderungen durch die öffentliche Hand. Außerdem haben wir 2014 den Umweltpreis der Stadt Graz gewonnen, der unter dem Motto „Reuse recycle“ stand.

 

Was wir im Moment vor allem brauchen sind Leute, die uns brauchen.

 

Was passiert so in einer typischen Woche im Gmota?

Da gibts einiges. Man muss unterscheiden zwischen Veranstaltung und Raumnutzung. Nicht jede Person die diesen Raum nutzt möchte auch, dass die ganze Welt ihr dabei zusieht.

Veranstaltungen werden von unserem Verein, anderen Vereinen oder Einzelpersonen organisiert. Der Raum wird/wurde unter anderem für Deutschkurse, Englisch-Konversationsabende, Klavierunterricht, gelegentliche Kochabende, Selbstverteidigungskurse, Yoga und Pilates und vieles mehr verwendet. Die Personen kommen auf uns zu und haben nicht das Geld um so viel Raummiete zu zahlen und geben eine Kleinigkeit in die Spendenbox.

Zu den von anderen Vereinen organisierten Veranstaltungen in unseren Räumen zählen das Vernetzungscafé von KAMA (Kurse von Asylsuchenden, Migrantinnen und Asylberechtigten), sowie Essensverteilungen vom Verein Foodsharing (ehemals „Lebensmittel retten“).

Wie kann man bei euch mitmachen?

Was wir im Moment vor allem brauchen sind Leute, die uns brauchen. Wir möchten, dass unsere Räume genutzt werden, wir möchten uns aber auch als einen Raum sehen in dem man gestaltet und nicht nur konsumiert. Wir vermieten nicht, wir stellen die Räume zu Verfügung und wir verlangen natürlich ein gewisses Maß an Selbstständigkeit und Selbstverantwortung ab, bieten ab im Gegenzug ein großes Maß an Freiheit in der Gestaltung.

Und wie wird man ein Mitglied des Vereins?

Grundsätzlich spricht man eines unserer Mitglieder an oder kontaktiert uns über unsere Webseite und meldet Interesse. Als sehr nützlich hat sich erwiesen, dass man zum Erlangen eines ordentlichen Mitgliedsstatus eine Hausführung von einer halben Stunde bis Stunde bekommt. Nachdem ja unsere Räumlichkeiten relativ weit verzweigt sind und man nach dem Verlassen darauf achten sollte, dass alle sieben oder acht Türen verschlossen sind, hat sich das einfach als notwendig erwiesen. Es bringt auch wesentlich mehr Ordnung hinein als ein Schneeballsystem, bei dem jeder jedem Zutritt verschafft.

Foto: Selina Trummer

Wie reagieren die Menschen auf euren Verein?

Es gibt Menschen, denen muss ich nichts erklären. Für die ist so eine Struktur, die wir haben ein Selbstverständnis. Sie wissen, wie man mit so einem Freiraumprojekt umgeht, zum Teil kommen sie selbst aus einem solchen Projekt. Zum Teil auch nicht. Andere Menschen erfordern ein bisschen mehr Betreuung, sie brauchen jemanden der sie immer mal wieder daran erinnert, dass der Besen existiert und sich in der Kammer B28 befindet und gerne benutzt werden darf, dass das Rauchen strengstens verboten ist, und so weiter. Und zwischen diesen zwei Extrempolen kann man die meisten irgendwie einordnen. Eine andere Unterscheidung ist der Wunsch, selbst Verantwortung zu übernehmen. Da habe ich in den letzten Jahren beobachtet, dass sich immer weniger Menschen hier strukturell einbringen wollen. Oder sagen wir, dass da eine gewisse Konzentration stattfindet auf seine eigenen Bedürfnisse, auf den eigenen Juckreiz, den es zu kratzen gilt. Ob sich unser Verein oder doch nur meine eigene Wahrnehmung in den letzten fünf Jahren so stark verändert hat, kann ich jetzt nicht beurteilen. Es gibt diese Handvoll Leute, die seit fünf Jahren ein Auge auf den Verein werfen und die anderen sind ein Kommen und Gehen.

 

Infobox
Das GMOTA ist ein gemeinschaftlich betriebener, nicht-kommerzieller Nachbarschaftstreffpunkt. Es wird die Möglichkeit geboten sich ohne Konsumzwang aufzuhalten, sich (politisch) zu vernetzen, Freunde zu treffen, zu lernen oder zu arbeiten und Veranstaltungen abzuhalten. (Quelle: http://gmota.at/about/)

Adresse: Münzgrabenstraße 57, 8010 Graz

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