Vom Kraut zum Bier

Vier Steirer verbindet eine gemeinsame Leidenschaft: Das Brauen von Bier. In ihrer selbstgebauten Brauerei entwickeln sie neue Kreationen, die zum Probieren einladen. Ihre Vision: Mit einem Café oder der Produktion von Craftbeer-Brauanlagen selbständig zu sein.

,,Brauen bedeutet für mich Freiheit. Du hast die Freiheit etwas Eigenes zu kreieren, etwas Eigenes zu schaffen. Du bist von niemandem abhängig’’, erzählt Gregor Konrad, Gründungsmitglied der noch namenlosen Kleinbrauerei in der steirischen Stadtgemeinde Frohnleiten, 25 Kilometer nördlich der Landeshauptstadt Graz. Vor etwa einem Jahr hatte er gemeinsam mit drei weiteren Steirern, Christoph Grubbauer und den Brüdern Klemens und Valentin Strassegger, die Idee, aus vier Töpfen und zwei Induktionsplatten eine Bierbrauerei zu bauen. Das Brauen fasziniert sie schon länger, Konrad, Grubbauer und Valentin Strassegger waren vorher bereits in einer größeren Brauerei tätig. ,,Bei größeren Brauereien geht es um die Produktion von Bieren, die sich gut verkaufen. Das ist uns zu wenig. Dort hat man mehr oder weniger fixe Rezepte, das ist für mich nicht das Wahre. Ich brauche etwas, bei dem ich mich ausleben kann’’, meint Konrad.

Kennengelernt haben sich drei der Mitglieder in derselben Brauerei. Dort fasst die kleinste Brauanlage 500 Liter – viel zu viel um eigene Rezepte auszuprobieren. Denn wenn der Sud misslingt, ist der Verlust groß. So entstand die Idee, außerhalb der Firma zu brauen. Ein Bekannter half ihnen, Ventile an induktionsfähige Töpfe zu schweißen. Die modifizierten Töpfe wurden anschließend mit Temperatursensoren ausgestattet. Die selbstgebaute Anlage fasst 30 Liter und eignet sich gut, um auch ausgefallenere Ideen wie Ingwer-Chili-Bier, Honigbock, Indian Pale Ale, Erdbeerbock oder Gin-Bier umzusetzen. Ausprobiert wird alles, was den Steirern Spaß macht, oft werden Zutaten genutzt, die bereits vorhanden sind. ,,Ich habe gesehen, dass in meinem Garten wilder Wacholder wächst. Wacholder wird in Gin verwendet, wieso also nicht auch einmal in diese Richtung gehen?’’, erzählt Konrad.

Mithilfe weniger Töpfe entsteht hier steirisches Craft-Beer – Foto: Gregor Konrad

 Die Kunst des Brauens

Während der Brauvorgang in Großbrauereien automatisiert ist und nur wenig menschliches Zutun erfordert, muss in der selbstgebauten Brauerei noch eine Menge handwerkliche Kunst an den Tag gelegt werden. Alles beginnt mit dem Schroten von Malz, dafür haben die einfallsreichen Steirer eine Bohrmaschine an eine Handmühle angebracht. So kann das Malz viel schneller geschrotet werden und die Enzyme und die Stärke werden beim Kochen besser gelöst. Das Malz wird zusammen mit Wasser auf etwa 68 °C erhitzt und 80 Minuten lang verrührt, damit sich der Zucker löst. Das Ganze wird anschließend in einen anderen Topf abgelassen und 20 Minuten stehen gelassen, so setzt sich das Malz ab und bildet einen Filter, durch den das Zuckerwasser nach Öffnen eines Ventils durchfließen kann. Die ersten paar Liter werden wieder zurück in den Topf geleert, da sie noch sehr trüb sind. Im nächsten Topf wird das Gemisch auf etwa 100 °C erhitzt. Sobald es zu kochen beginnt, kommt Hopfen dazu. Danach kommt alles in einen weiteren Topf, der sogenannte Whirlpool. Da die Steirer noch kein eigenes Rührwerk haben, wird mithilfe eines Schneebesens ein Strudel erzeugt. In diesem Whirlpool, der 20 Minuten dauert, können nach eigenem Belieben Zusatzstoffe hinzugefügt werden. ,,Früchte, Ingwer, Chili – ganz egal, je nachdem, was für ein Geschmack am Ende drin sein soll, den kann man dort dazugeben. Da es im Whirlpool nicht mehr so heiß ist entfalten sich die Geschmacksstoffe besser’’, meint Konrad. Nach dem Whirlpool wird das Gemisch in einen Gärtank abgelassen, gekühlt und mit Hefe versetzt. Innerhalb von 14 Stunden können die Steirer so fünf Sude brauen, das entspricht etwa 150 Litern.

Brauen als Handwerk

Bei dem Bier, das gebraut wird, handelt es sich um Craft Beer. Der Begriff Craft Beer entstand in den 1970er Jahren in den USA und bezeichnet in der Regel Bier, das handwerklich von einer unabhängigen Brauerei hergestellt wird. Eine allgemein gültige Definition des Begriffs gibt es nicht, der US-Brauerverband Brewers Association setzt aber voraus, dass pro Jahr maximal 9,5 Millionen Hektoliter gebraut werden dürfen, höchstens 25% der Brauerei einem Konzern gehören sollten und das Bier größtenteils aus Wasser, Malz, Hopfen und Hefe bestehen muss. Nach dieser Definition wäre allerdings jede österreichische Brauerei eine Craft Brauerei. ,,Was Craft Beer ist, muss jeder für sich selbst entscheiden, denn der Begriff bedeutet eigentlich nur, dass bei dem Bier noch selbst Hand angelegt wird’’, sagt Konrad. ,,Man kann so etwas nicht an einer Literanzahl festmachen. Was, wenn du ein Kleinunternehmer bist und ein eigentliches Craft Beer irgendwann in die ganze Welt exportierst – ist das dann noch Craft Beer?’’

Das abgefüllte Bier mit experimenteller Etikettierung – Foto: Gregor Konrad

Ein Hobby für jedermann

Wie leicht ist es selbst Bier zu brauen? Denn nicht jeder hat das nötige Wissen, seine eigene Brauerei zu bauen. ,,Theoretisch könnte man mit einem einzigen Topf Bier brauen. Wie gut das wird, kann ich nicht sagen. Malz bekommt man schnell, Hopfen gibt es überall im Internet’’, meint Konrad. ,,Schwierigkeiten sehe ich beim Brauen keine. Es gibt fertige Anlagen, die gehen von 10 bis 300 Liter. Für einen Hobbybrauer, der nur einen Knopf drücken will, sind die perfekt.’’ Kosten: 1000€ aufwärts. Handwerklich begabte Menschen können sich auch selbst eine Anlage bauen, Anleitungen gibt es im Internet. Wer viel braut kann sich so Geld sparen, die Produktion einer Flasche mit 0,33 Liter Bier kostet um die 90 Cent, während Craft Beer im Geschäft um die 3€ kostet.

Ein Wunsch der vier Steirer ist es, eigenes Bier und eigene Brauanlagen zu verkaufen. ,,Eigene Anlagen zu vertreiben wäre wirklich der Traum, selbst wenn nur eine Anlage in sechs Monaten verkauft wird. Es geht nur um den Gedanken, eine Firma zu haben und das tun zu können, was uns Spaß macht. Große Firmen müssen natürlich anders denken’’, erzählt Konrad. Zusätzlich zum Verkauf könnten sie sich vorstellen, ein Café oder ein Pub zu eröffnen. Zu dem Bier könnte man passende Speisen anbieten, das Brauen soll dabei aber immer im Vordergrund stehen. ,,Wenn jemand Interesse am Brauen hat, soll er sich melden! Wir sind offen, man kann gerne vorbeischauen, dann brauen wir zusammen.’’

Infobox

Gregor Konrad:

konradgregor@gmail.com

 

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