Hilfe bei der Selbsthilfe – Ingenieure ohne Grenzen Austria

„Ich möchte etwas tun!“ Mit dieser Hauptintention besuchten die Mitglieder der Ingenieure ohne Grenzen Austria damals ihr erstes Regionalgruppentreffen in Graz. Heute können sie schon auf einige erfolgreiche Projekte zurückblicken und sind inmitten der Planung von neuen Hilfsaktionen. Zu tun gibt es immer – jeder, der möchte, kann etwas dazu beitragen.

„Wie schön, dass ihr da seid. Heute wird gefeiert.“  Das Regionalgruppentreffen der „Ingenieure ohne Grenzen Austria” in Graz Anfang November beginnt fröhlich. Jeden ersten Montag im Monat treffen sich die ehrenamtlichen Mitarbeiter des Vereins um die aktuellen Projekte zu besprechen. Während Matthias Böck seine Power Point Präsentation vorbereitet, kümmert sich Karin Schreiner um Gläser für den Gin Tonic. Heute ist das erste Treffen nach der erfolgreichen Beendigung des Projekts in Tansania und dieses wird standesgemäß mit einer der besten Spirituosen Tansanias, dem Gin Konyagj, und Naschereien gefeiert. Während wir an unserem schmackhaften Gin Tonic nippen, präsentiert Matthias die Ergebnisse des Einsatzes. In Biharamulo, bei der St. Severine Primary School wurden diesen Sommer Trockentrenntoiletten erbaut. Diese sind ökologische Varianten des Plumpsklos ohne Nutzung von Wasser. Die Endprodukte können auch als Dünger angewendet werden. Im Sommer 2016 wurden vor Ort bereits ein Hochtank erbaut und Rohrleitungen verlegt um ein funktionierendes Wassernetz aufzubauen. So müssen die Schüler des Internates heute kein Wasser mehr schleppen und können effektiv lernen.

Der Hochtank erspart den Schülern das mehrmalige tägliche Wasserholen – Foto: IOG

„Do what you love“

„Ingenieure ohne Grenzen“ (IOG) oder im internationalen Bereich: „Engineers Without Borders“ (EWB) sind weltweit aktiv. „In Österreich hat alles mit Laura aus Berlin angefangen“, sagt Matthias. Die Berlinerin kannte IOG schon aus ihrer Heimat und als sie berufsbedingt nach Salzburg zog, gründete sie den Verein mit zwei Arbeitskollegen. Aus den 3 Vereinsmitgliedern in Salzburg, sind inzwischen 5 Regionalgruppen über ganz Österreich verteilt, mit mehr als 170 Mitgliedern, entstanden. Matthias Böck ist selbstständiger Energie- und Umwelttechniker. Er hat die Regionalgruppe Graz im November 2013 gegründet. Seit knapp 3 Jahren ist seine Lebensgefährtin Karin Schreiner im Verein tätig. Auch die studierte Umweltsystemwissenschaftlerin mit Schwerpunkt Betriebswirtschaft kann sehr viel von ihrem beruflichen Know How bei der Vereinsarbeit einsetzen. „Das Grundinteresse kommt sicher von der beruflichen Vorbildung“, sagt Matthias und Karin ergänzt: „Anders würde es sicher gar nicht funktionieren. Getreu dem Motto: Do what you love!“

Nur zusammen gelingt das Projekt

Ein Projekt gelingt nur, wenn alle, Einheimische und Vereinsmitglieder, zusammenarbeiten. „Wir sind keine reinen Finanzgeber“ sagt Matthias.  Bildung und Vermittlung von Wissen, damit eine langfristige und nachhaltige Nutzung gewährleistet ist, gehören genauso zu einem Projekt, wie die Erbauung. Von der Idee bis zur Umsetzung dauert es circa 1 Jahr, 90 Prozent der Arbeit geschehen in Österreich. Bevor diese richtig anfängt, benötigt es immer eine Erkundungstour. „Vor Ort sieht man, wie die Gegebenheiten sind. Man kann mit den Leuten sprechen, was genau sie wirklich brauchen. Wir binden sie von vornherein in die Planungsphase ein, das erhöht die Akzeptanz. So haben sie nicht das Gefühl, es wird ihnen einfach etwas vor die Nase gesetzt“, erklärt Karin. Die Projekte werden mit lokalen Materialien und Arbeitskräften umgesetzt. So wird die örtliche Wirtschaft gestärkt und die Arbeiter und Dorfbewohner können sich mit dem Projekt identifizieren. Ist ein Projekt einmal umgesetzt, bleibt der Verein mit den Verantwortlichen vor Ort in Verbindung und stellt die erfolgreiche Nutzung nach der Abreise sicher.

Die Zusammenarbeit bei den Projekten ist die höchste Priorität – Foto: IOG

Erfolgreiche Umsetzung der Projekte

„Ingenieure ohne Grenzen Austria“ kann schon auf einige erfolgreiche Projekte zurückblicken. Neben dem Projekt in Biharamulo/ Tansania wurde dieses Jahr ebenfalls ein Ausbildungszentrum für Schneiderei und Batik in Togo fertiggestellt. So können die jungen Frauen einen Beruf und ihre finanzielle Unabhängigkeit erlangen. Eines der vielen laufenden Projekte befindet sich in Cuartel la Mesa, Mexiko. Zu den größten Problemen der Region gehört das Bildungsdefizit der Bevölkerung. Um dem entgegenzuwirken, wird die örtliche Grundschule renoviert und erweitert. Ebenfalls werden Fortbildungen für die Lehrer und die Beschaffung von Lehrmaterialien durchgeführt. Ähnlich auch eines der Projekte in Äthiopien. Hier wurden und werden Lehrer von technischen Schulen seit zwei Jahren in verschiedenen Modulen im Bereich der Stromgewinnung aus Solarenergie geschult, damit die das Wissen wiederum an ihre Schüler weitergeben können. Zum einen werden somit erneuerbare Energien verstärkt genutzt und zum anderen Jobaussichten geschaffen  Auch neue Projektideen für die Regionalgruppe Graz wurden beim letzten  Regionaltreffen  besprochen. Während des Einsatzes in Tansania, sind die Vereinsmitglieder bereits von einem Pfarrer vor Ort auf einige neue Projekte angesprochen worden. Während des Regionaltreffens stellt Matthias diese nun vor, sie werden auf Umsetzbarkeit überprüft und demokratisch ausgewählt. Die Entscheidung fällt auf zwei Projekte, einmal Erbauung eines Brunnens und somit Sicherstellung von sauberem Trinkwasser für 10.000 bis 15.000 Menschen und, ebenfalls in Tansania, der Bau einer Polytechnischen Schule. „Gerade bei dem Bau des Schulgeländes ist es nicht unsere Aufgabe, die Gebäude zu mauern – das können sie selbst – sondern vielmehr ein Gesamtkonzept zu erschaffen, für ein funktionierendes Ab- und Regenwassersystem und die Infrastruktur zwischen den Gebäuden zu erstellen“, so Matthias.

Mit dem Schulungszentrum für Näherinnen, erlangen Frauen ihre Unabhängigkeit – Foto: IOG

 „Jeder ist willkommen!“

Finanziert werden die Projekte aus Spenden und Förderungsmitteln. Ängste, dass die Spenden nicht bei den Menschen vor Ort landen, sind bei IOG unbegründet. Verwaltungskosten für den Verein werden von den Mitgliederbeiträgen abgedeckt, sodass die Spenden zu 100 Prozent bei den Menschen vor Ort verwendet werden. Geld reicht zur Umsetzung eines Projektes allerdings nicht. Neben finanziellen Mitteln, benötigt der Verein vor allen Dingen engagierte Mitglieder. „Durch den Vereinsnamen fühlen sich natürlich die Ingenieure besonders angesprochen, aber zum Gelingen einen Projektes braucht es auch Mitarbeit in ganz anderen Bereichen, “ erklärt Karin. Öffentlichkeitsarbeiten sind genauso wichtig wie technische Planung. Jeder der etwas „tun“ möchte, ist herzlich willkommen!

Infobox
Hauptthemenfelder von Ingenieure ohne Grenzen Austria sind Entwicklungszusammenarbeiten im Bereich der Wasser – und Energieversorgung, Ausbau von Sanitäranlagen und Sicherstellung der Nachhaltigkeit durch den konstruktiven Ingenieurbau und Bildungsmaßnahmen. Wer gerne mitmachen möchte, kann einfach jeden 1. Montag im Monat zu den Regionalgruppentreffen in die TU Graz kommen oder zum Stammtisch im Propeller (jeden 3. Montag im Monat).

Kontaktdaten für Interessierte und weitere Informationen:

Email: karin.schreiner@iog-austria.at

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