Die Wissenschaft prognostiziert unserem Planeten aufgrund des Klimawandels eine düstere Zukunft. Trotzdem scheinen Politik und weite Teile der Bevölkerung in eine Art Schockstarre verfallen zu sein und unternehmen kaum etwas gegen die drohende Krise. Ein Bündnis namens “System Change not Climate Change“ hat es sich zum Ziel gesetzt, diesen Dornröschenschlaf zu beenden und dadurch die Erde zu retten.
Vor einigen Monaten wurde eine von 15.000 WissenschaftlerInnen aus 184 Ländern unterzeichnete “Warnung an die Menschheit“ veröffentlicht, die aufzeigt, dass mangelnder Umweltschutz eines der größten Problemfelder unserer Zeit darstellt: Infolge eines viel zu hohen Ausstoßes von Treibhausgasen und Umweltverbrechen wie der Abholzung des Regenwaldes kommt es zu immer mehr zerstörerischen Naturereignissen. Die Weltmeere erwärmen sich, wodurch zahlreiche Tier- und Pflanzenarten ab- bzw. aussterben. Der Meeresspiegel steigt, weswegen flache Küstengebiete und ganze Inselstaaten unterzugehen drohen. Klimazonen verschieben sich. Wüsten breiten sich aus. Extreme Wetterereignisse wie etwa der Hurrikan Irma, der Anfang September halb Texas niederwalzte, werden häufiger.
Auch wir sind betroffen
Doch nicht nur auf allzu fernen Südseeinseln, auch bei uns, vor unserer eigenen Haustür, machen sich die ersten Folgen bemerkbar: Allein diesen Sommer richteten eine Vielzahl schwerer Unwetter in der Steiermark einen Schaden in dreistelliger Millionenhöhe an und forderten sogar Menschenleben: Heftige Regenfälle und Murenabgänge machten ganze Dörfer dem Erdboden gleich. Hagel vernichtete mehrere tausend Hektar landwirtschaftlicher Fläche. Heftige Stürme deckten mit erschreckender Regelmäßigkeit Hausdächer ab und mähten ganze Wälder um. All dies sind Wetterereignisse, die sich mit nahezu hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit auf den Klimawandel zurückführen lassen. Trotzdem, so scheint es, wird dieser Problematik vonseiten der Politik, aber auch seitens der Bevölkerung bei weitem nicht die Aufmerksamkeit zuteil, die es brauchen würde, um spürbare Verbesserungen herbeizuführen. Doch es regt sich Widerstand gegen diese Untätigkeit. Immer mehr Menschen haben den Stillstand in der Klimapolitik und den Köpfen der Menschen satt und wollen endlich die notwendigen Veränderungen herbeiführen, die es braucht, um den Planeten zu retten. Einige dieser Menschen taten sich daher im Sommer 2015 zusammen und gründeten das Bündnis “System Change not Climate Change“.
Die Anfänge einer Bewegung
Alles begann im Sommer 2015, als sich sechs österreichische Non-Profit-Organisationen im Vorfeld des Pariser Klimagipfels zusammentaten, um gemeinsam eine Strategie zur Bekämpfung des Klimawandels zu entwickeln. Es entstand ein Positionspapier, das in zwölf Schritten auflistet, was hierzu notwendig ist, und was es zu verhindern gilt. So setzt man sich etwa für einen starken Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel ein und tritt gegen eine Weiterführung der fossilen Energiewirtschaft ein. Kernaussage des Papiers ist jedoch, dass der Klimawandel kein isoliertes, singuläres Problem ist, sondern eng mit wirtschaftlichen Handlungsweisen und gesellschaftlichen Gepflogenheiten verknüpft ist. Um dem Klimawandel Herr zu werden reicht es demnach nicht, etwas Strom zu sparen und eine Handvoll Bäume zu pflanzen. Vielmehr sind tiefgreifende Veränderungen in sämtlichen Lebensbereichen, von der Landwirtschaft über den Verkehr bis hin zum Energiemanagement, notwendig.
Im Zuge dieser organisationsübergreifenden Zusammenarbeit fand sich ein kleines Grüppchen engagierter Aktivistinnen und Aktivisten, die sich auch in Zukunft dem Kampf für Klimagerechtigkeit als primäre Aufgabe verschreiben wollten. Gemeinsam gründete man kurzerhand eine eigene Organisation und versucht seither unter dem sinngebenden Namen „System Change not Climate Change“ veraltete Systemkrusten aufzubrechen und den Planeten vor den Folgen des Klimawandels zu bewahren.
Im Kampf gegen die Klimakrise
Um das zu erreichen, hat man sich folgende Ziele gesetzt:
- Die Auslöser der Klimakrise aufdecken und ihnen entgegenwirken
- Scheinlösungen an den Pranger stellen
Hier ist etwa der Emissionsrechtehandel zu nennen, der es Konzernen und ganzen Staaten ermöglicht, sich vor ihren ökologischen Pflichten durch den Erwerb sogenannter Umweltzertifikate zu drücken.
- Nachhaltige Alternativen präsentieren
Statt weiterhin an fossilen Brennstoffen festzuhalten, gilt es, auf erneuerbare Energien umzuschwenken. Um generell den Energieverbrauch zu verringern, ist es zudem wichtig, die bestehenden Strukturen, vom Wasserboiler bis zum Hochhaus, technisch zu optimieren und effizienter zu gestalten.
- Wirtschaftliches Umdenken:
weg von einer Wirtschaft, in der Profitmaximierung und grenzenloses Wachstum die Hauptrolle spielen, hin zu einer sozial-ökologischen Ökonomie, die sich ökologischen Gegebenheiten fügt und allen Menschen gleichsam etwas bringt, statt nur einiger weniger.
- Klimagerechtigkeit
Solidarität mit jenen Menschen, die die Folgen des Klimawandels am heftigsten zu spüren bekommen, obwohl sie selbst kaum zu ihm beigetragen haben.
„To change everything, we need everyone.“
Da sich solch große Ziele nicht alleine bewältigen lassen, spielt das Wachrütteln und die Einbindung der Gesellschaft eine gewichtige Rolle in den Plänen der Organisation – frei nach dem Motto „To change everything, we need everyone“ – um alles zu ändern, brauchen wir jeden. Daher finden regelmäßig Demonstrationen und Aktionstage statt. So etwa am 28. November 2015, als es das erste Mal gelang, eine breite Öffentlichkeit mit den eigenen Botschaften zu erreichen: Im Rahmen des “Climate March“ konnte man 5000 Leute mobilisieren und demonstrierte gemeinsam mit ihnen in den Innenstädten von Wien und Graz, um an den gerne aus den Gedanken verdrängten Klimawandel zu erinnern und vonseiten der Politik eine gerechtere Klimapolitik einzufordern.
Vier Monate nach dieser ersten Großaktion fand sich das junge Bündnis im März 2016 zu einer österreichweiten Klausur in Linz zusammen. Gemeinsam erarbeitete man taktische Konzepte für das folgende Jahr, tauschte Erfahrungen aus und erweiterte durch Diskussionen und interessante Vorträge den eigenen Wissensstand. Zudem wurde eine Wiener und eine Grazer Ortsgruppe gegründet, um sich fortan auch regionalen Problemen annehmen zu können. Zwischen diesen Gruppen wird auch weiterhin reger Erfahrungsaustausch gepflegt. In etwa einmal jährlich trifft man sich im Rahmen sogenannter Klimacamps: Mitten im Grünen schlagen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Zelte auf, um einige Tage in harmonischem Einklang mit der Natur zu leben, gemeinsam zu kochen, musizieren, und sich durch Workshops weiterzubilden und Pläne zu schmieden, wie man der Klimakrise doch noch Herr werden könnte.
Viel vor in Graz
Zurück in der Heimat werden diese Pläne von den Regionalgruppen in die Tat umgesetzt: Während sich die Wiener Kolleginnen und Kollegen zurzeit der Verhinderung der 3.Piste am Flughafen Wien-Schwechat widmen, konzentriert man sich in Graz hauptsächlich auf folgende Themengebiete
- Wärme- und Energieversorgung
Statt weiterhin fossile Brennstoffe und Kohle zur Energieerzeugung zu verwenden, engagieren sich die Grazer AktivistInnen für einen Ausbau von Solar- und Photovoltaikanlagen. Um generell den Verbrauch zu verringern, setzt man zudem auf Optimierungen im Strom- und Fernwärmenetz und technische Verbesserungen bei allen energieverbrauchenden Geräten. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist jener, alte Gebäude zu sanieren, statt neue zu errichten. Dies spart nicht nur Energie, sondern zugleich auch wertvolle Ressourcen.
- Nachhaltige Mobilität
Um den Feinstaub zu bekämpfen und Abgase zu minimieren, wird der Ausbau des öffentlichen Verkehrs forciert. Zudem setzt man sich für weitere und sicherere Rad- und Fußwege im Stadtgebiet ein.
- Ernährungssouveränität – Projekt “Robin Food“
Ein Drittel aller produzierten Lebensmittel landet im Müll. Um auf diese unglaubliche Verschwendung aufmerksam zu machen, bauen Aktivistinnen und Aktivisten von “System Change not Climate Change“ jeden ersten Samstag im Monat den sogenannten “DumsterTisch“ in der Herrengasse auf. Dort werden hochwertige Lebensmittel, die zuvor bei einer Dumstertour durch Graz aus dem Müll gefischt wurden, an Passantinnen und Passanten verschenkt.
Handeln statt hoffen
Mittlerweile sollte es einem jeden klar sein, dass es nicht ausreicht, sich im Kampf gegen den Klimawandel bloß auf die Politik oder das Engagement anderer (wie etwa das der Mitgliederinnen und Mitglieder von System Change not Climate Change) zu verlassen. Eine solch komplexe und weltumspannende Krise erfordert den Einsatz von jedem und jeder einzelnen. Wir alle sind gefragt, um die nötigen Veränderungen herbeizuführen, die es braucht, um unseren Planeten zu retten und zukunftsfit zu machen. Jedoch ist es zugegebenermaßen nicht allzu einfach, den dazu nötigen ersten Schritt zu tun. “System Change not Climate Change“ bietet genau dafür eine Vielzahl an Möglichkeiten, um einen sanften Einstieg in diese komplexe Materie ermöglichen:
- Grazer Erdgespräche: Im Café Erde (Andreas-Hofer-Platz) gibt es regelmäßig Themenabende zum Klimawandel. Expert*innen zeigen Problemfelder unserer Zeit auf und in einer anschließenden Diskussionsrunde werden mögliche Alternativen beleuchtet.
- Kennenlerntreffen: Ab und an finden Kennenlerntreffen im Spektral statt. Dort kann man in entspannter Atmosphäre die MitgliederInnen von “System Change not Climate Change“ und deren Ziele und Projekte näher kennenlernen und diese mit allerhand Fragen löchern.
- Darüber hinaus gibt es noch unzählige weitere Veranstaltungen wie Infoabende und Vorträge. Wann und wo alles stattfindet und worum es geht, lässt sich ganz einfach dem Terminkalender entnehmen.
Wer also keine Lust mehr hat, sehenden Auges dem Untergang unseres Planeten entgegenzublicken, dem sei geraten, noch heute aufzustehen und sich selbst zu engagieren. Der Umwelt und uns allen zuliebe. Ein erster Schritt könnte eine Mail an diese Adresse sein: aktion-graz@systemchange-not-climatechange.at