Persönliches Wachstum: Grenzenlos Graz bildet interkulturell


Seit 1949 betreut die Organisation Grenzenlos in Graz Freiwillige im In- und Ausland und will so ein „Netz internationaler Freundschaften“ spannen. Das Ziel ist ein Austausch auf Augenhöhe, bei dem beide Seiten profitieren. Heimgekehrte „Freiwillige“ erzählen von ihren Erfahrungen und Abenteuern.

Als ich bei Grenzenlos Graz um das Initiativenportrait für steiermark.gemeinsam.jetzt anfrage, ist die Freude und Dankbarkeit von Vorstandsmitglied Lisa Seiringer deutlich sichtbar: „Ich habe doch gewusst, dass es irgendwann etwas bringt, wenn wir uns da anmelden!“ Meinen Plan, im Büro für ein Gespräch „vorbeizukommen“, muss ich aber schon bald aufgeben. Denn ein solches Büro gibt es nicht, die Initiative besteht nur aus wenigen ehrenamtlich engagierten Mitgliedern. Stattdessen werde ich zu einem Stammtisch mit ehemaligen Freiwilligendienern im ghanaischen Restaurant „MeetMeThere“ eingeladen. „Bei jedem Stammtisch essen wir in einem anderen Kontinent, dieses Mal ist Afrika dran“, erklärt mir Lisa Seiringer. Dort treffe ich mich mit Menschen, die schon einiges erlebt haben.

Elisabeth Kapplmüller arbeitete ehrenamtlich in einem Altersheim in Ecuador


Elisabeth war mit Grenzenlos als Auslandsdienerin ein Jahr lang in einem Vorort von Quito, der Hauptstadt von Ecuador, jetzt ist sie selbst ehrenamtlich im Vorstand aktiv. In Ecuador engagierte sie sich in einem Frauenaltersheim und wohnte bei Gasteltern.

Neben der Arbeit im Altersheim, bei der sie 20 Stunden lang die Seniorinnen betreute und mit ihnen plauderte, unternahm sie am Wochenende einige Reisen. „Ich bin zum Beispiel mit dem Bus zweieinhalb Tage nach Kolumbien gereist, das hat 30 Stunden gedauert. Es war sehr abenteuerlich, vor allem weil das eine Gegend ist, durch die man besser nicht fahren sollte, vor allem nicht als weiße Frau.“ Die Gasteltern waren darüber nicht allzu besorgt, fuhren sie aufgrund der geringen finanziellen Mittel doch oft selbst mit dem Bus. Mit der Gastfamilie verstand sich Elisabeth gut, sie sei jedoch kein „Teil der Familie“ geworden, da die Gasteltern vorher schon vier Mädchen aufgenommen hatten. „Deshalb war ich auch immer aus „Alemania“ und nicht aus Österreich.“

Elisabeth Kapplmüller und ihre Gastfamilie in Ecuador
Elisabeth Kapplmüller (1. Reihe, Zweite von rechts) gemeinsam mit anderen Freiwilligen in Ecuador – Foto: Elisabeth Kapplmüller

„Ein ziemlicher Schock“ für Elisabeth war es, die Wäsche per Hand waschen zu müssen. „In Equador besitzen nur wenige eine Waschmaschine. Die Prioritäten sind so verteilt: Zuerst der Fernseher, dann die Waschmaschine. Und selbst, wenn man eine Waschmaschine besitzt, benutzt man diese meistens ohne Waschmittel.“ Ein weiteres unerwartetes Ärgernis für Elisbeth war, dass ihr oft Männer auf der Straße nachpfiffen oder etwas nachriefen. Als Gründe dafür vermutet sie die „andere Mentalität“ und, dass sie als weiße, blonde Frau ständig auffiel.

Zum Essen gab es meistens Reis. Reis mit Reis.

Die Freiwillige leistete ihren Auslandsdienst auf 2.350 m Seehöhe, das bedeutete das ganze Jahr zu Mittag sommerliche 35 Grad, und in der Nacht eine Abkühlung auf 10 Grad. Sie kleidete sich daher immer im „Zwiebellook“. Auch die Verpflegung war völlig anders: „Ich habe immer sehr gut und vor allem sehr viel gegessen, vor allem Reis. Aber ich bin Vegetarierin, das war in Ecuador sehr schwierig: Meistens habe ich Reis gegessen. Reis mit Reis. Mit etwas Glück war ein Ei dabei. Daheim dann Suppe und – wer hätte es gedacht – Reis mit Bohnen. Noch zwei Jahre nach Ecuador konnte ich keinen Reis mehr sehen. Aufwändigeres Essen gibt es nur bei besonderen Anlässen wie zu Ostern oder zu Weihnachten.“

Sicherheitsbedenken hatte Elisabeth selten: Nur einmal wurde ihr das Handy aus der Hand gestohlen. „Mich hat einer am Fahrrad gefragt, wie spät es ist. Dann hat er mir schnell mein Handy aus der Hand gerissen und ist davongefahren. Das war gscheid bitter.“

Elisabeth Kapplmüller bei der Arbeit im Altersheim
Elisabeth Kapplmüller bei der Arbeit im Altersheim – Foto: Elisabeth Kapplmüller

Elisabeths Spanisch hat sich sehr verbessert, denn ihr Gastvater war immer sehr direkt mit seiner Kritik: „Am Anfang habe ich noch nicht so genau auf Grammatik geachtet, das hat er mir dann irgendwann sehr deutlich zu verstehen gegeben.“ Die verbesserten Sprachkenntnisse helfen ihr bei ihrem Dolmetschstudium für Spanisch und Gebärdensprache. Neben diesen hat Elisabeth vieles aus Ecuador mitgenommen: „Selbstbewusstsein, Problemlösungskompetenzen, einen kritischen Blick auf Österreich, einen dankbaren Blick auf Österreich – vor allem auf seine Systeme: Sozialsystem, Bildungssystem. Und ich habe so viel gesehen!“

Gertraud Klingsbigl unterrichtete Englisch auf Bali

Ein Auslandssemester ist nicht nur etwas für Maturanten und Studierende: Gertraud Klingsbigl (im Titelbild hinten rechts) ist in Pension, aber noch lange nicht im Ruhestand. Ihren Freiwilligendienst leistete sie auf der indonesischen Insel Bali ab, sie unterrichtete dort Kindergarten- und Volksschulkinder in freiwilliger Nachmittagsbetreuung. „Diese Kinder brauchen jede Stunde! Sie haben nur eine Stunde pro Woche Englisch, und ich bezweifle manchmal, dass die Lehrer die Sprache selbst können. Doch Englisch ist notwendig, um im Tourismus ein besseres Leben aufzubauen.“, sagt Klingsbigl.

Die Insel Bali wählte sie deshalb als Ziel aus, da sie sich dort nach 18 Südostasien- und zwei Balireisen nicht ganz fremd fühlte. Die Unterschiede zu Österreich fasst sie so zusammen: „Asien braucht seine Zeit, die Uhren laufen anders“. Nur zu reisen, kann sich Gertraud nicht vorstellen: „Ich könnte nicht sieben Wochen auf Bali verbringen und nichts tun, ich brauche eine Aufgabe“.

Gertraud Klingsbigls Kindergartengruppe auf Bali
Gertraud Klingsbigls Kindergartengruppe auf Bali – Foto: Gertraud Klingsbigl

Auf Bali arbeitete sie schätzungsweise zu 80 Prozent mit Jugendlichen, vor allem Studentinnen, zusammen. Gertraud findet aber, dass es sich für Leute in ihrem Alter genauso auszahlt: „Ich kann jedem, der in Pension ist, und sich etwas in der Welt herumtreiben möchte, das nur empfehlen! Jeder soll diese Erfahrungen einmal machen können, es ist wichtig andere Länder und Kulturen zu sehen.“

Das Unterrichten erlebte Gertraud als Herausforderung: Es ist gar nicht einfach, Kinder zwei Stunden lang zu beschäftigen und ihnen etwas beizubringen. Da können zwei Stunden schon sehr lang werden, ich sehe jetzt den Lehrberuf mit ganz anderen Augen.“

Du möchtest auch mit Grenzenlos ins Ausland? Dann informiere dich gleich über ihre Infoseite.

Von Grenzenlos Graz war sie gleich angetan: „Ich wurde von Grenzenlos Graz super betreut und war gut aufgehoben. Mein Gefühl hat mich nicht getäuscht, der persönliche Kontakt war gleich von Sympathie getragen. Es hat einfach gepasst. Auch als ich unten war, haben sie mit mir Kontakt gehalten, gefragt, wie es mir geht, ich kann sie wirklich weiterempfehlen.“

Gertraud denkt bereits über ein nächstes Mal nach. Solange sie gesund und fit bleibt, möchte sie weiter als Freiwilligendienerin durch die Welt reisen, voraussichtlich mit Grenzenlos.

Kontakt
Grenzenlos:

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Vorstandsmitglied und Schriftführerin Lisa Seiringer:

Email

+43 670 6044043

 

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